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ratzenbuch

Die Tiefe


Ich stehe hier oben und der kalte Wind streicht mir durch die Haare. Ich sehe über die Lichter der Stadt, die langsam so nach und nach verlöschen. Lichtpunkte wandern über den nächtlichen Himmel. Flugzeuge die in Warteschleife über der Stadt kreisen. Scheinwerfer schieben sich durch die Straßenschluchten.

Ich greife in meine Manteltasche und hole meinen Tabak hervor. Ein wenig Tabak in ein Blättchen einrollend sehe ich über die Lichter. Mit ziehmlich trockner Zunge feuchte ich den Klebestreifen an und rolle die Zigarette zusammen. Das Feuerzeug zündend sehe ich versonnen in die Flamme, die die Zigarette in Brant setzt. Sie ist so warm und schön und doch kann das Feuer so vernichtend sein. Es erinnert mich an das innerliche Brennen, welches mich zu vernichten versucht. Der ewige Hunger auf Seelenkraft. Ich bin ein Vampyr der kein Blut mag. Es ist seltsam, aber es ist so. Blut ist ja auch nur Träger der Seelenkraft. Ich sehne mich danach eine geliebte Seele zu durchdringen. Einfach hindurch zu gehen, wie durch einen sehr warmen Wasserfall. Es tut gut, wenn Fragmente an mir hängen bleiben.

Kräftig ziehe ich an meiner Zigarette und sehe in die endlos scheinende Tiefe. Mich fröstelt es, trotz des Feuers, das in meinem inneren brennt und mich zu verzehren sucht. Ich halte den inneren Schmerz kaum noch stand. Die aufgerauchte Kippe lasse ich in die Tiefe fallen. Sie sieht aus wie ein glühendes Auge das mich anstarrt und in der Dunkelheit immer kleiner wird, bis es verschwunden ist.

Eine Träne läuft mir warm die Wange herunter, hinterlässt aber eine eisige Spur in meinem Gesicht. Es ist Zeit. Zeit zu Gehen.

Ich mache einen Schritt nach vorn ins Nichts. Mein Mantel möchte mir die Arme hoch reißen, aber das lsse ich nicht zu. Ich falle. Falle in die Tiefe. Der Wind raubt mir fast die Luft und mein Herz rast wie nie zu vor. Gedanken kommen mir. Gedanken an früher. Immer weiter in die Vergangenheit. Es tut weh an die Vergangenheit zu denken. Ich habe das Gefühl schwerelos in einem Surm zu sein. Ja, SEIN, was ist das. Was sind wir. Woher kommen wir und wohin gehen wir? Fragen die ich für mich schon beantwortet habe. Geheimnisse die entteuschend wirken, weil sie so einfach sind. Aber in der Einfachheit steckt das Deteil. Wenn man tiefer geht, dann tauchen neue Geheimnisse auf. Universen, Galaxien, Sonnensysteme, Atome...

Ich scheine immer schneller zu fallen und immer schneller zu denken, aber ich möchte ja gar nicht denken. Immer schneller kommt der Boden auf mich zu, der gerade aus der Dunkelheit auftauchte. Wie in Zeitlupe kommt der Boden auf mich zu. Wie eine große undurchdringliche Wand baut sich der Boden vor mir auf. Das Brennen in meinem Körper spüre ich nicht mehr. Er ist für diesen kurzen Augenblick vergessen. Ist alles gleich zu Ende? Immer noch denke ich. Ich denke an Senseless, die mich festhalten könnte. Wird sie es tun? Nein, nicht in diesen Moment.

Nur noch ein paar Meter trennen mich vom Astphalt, der unhaufhörlich auf mich zu rast. Ich sehe meine Zigarettenkippe auf der Straße liegen. Sie glimmt immer noch und diesmal rast das glühende Auge auf mich zu...


Nein, Vampyre können sich nicht umbringen! Es wird alles wieder von vorn beginnen. Für eine Nanosekunde habe ich Frieden gefunden. Und ich werde immer wiederkehren.

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